Der erste Fall einer vorausgesagten Feuerkugel!

Ein starkes Wärmesignal des vorausgesagten Boliden hat der europäische Wettersatellit Meteosat 8 um 4:45:47 MESZ aufgezeichnet — ein schierer Zufall, wird doch jeder Punkt der Erde nur einmal alle 5 Minuten abgetastet. [Eumetsat]
Ein Novum in der Astronomiegeschichte: Ein winziger Asteroid, der in der Erdatmosphäre (harmlos) als Bolide verglühen würde, ist Stunden vorher entdeckt und sein Ende mit hoher Präzision vorausgesagt worden! Rund 20 Stunden vor seinem Ende war 2008 TC3 am Mt. Lemmon Observatory in Arizona bei Routinebeobachtungen zur Entdeckung von erdnahen Asteroiden als 19m helles Pünktchen aufgefunden worden, noch in ca. 1,3-facher Mondentfernung. Als weitere Beobachtungen von amerikanischen und australischen Observatorien dazukamen, war es dann am Nachmittag des 6. Oktober praktisch sicher, dass dieses Objekt die Erde treffen würde. Hier schlug nun die Stunde der europäischen Beobachter, die den Staffelstab übernommen hatten. Durch ihre Beobachtungen konnte sowohl der Zeitpunkt als auch der Ort des Atmosphäreneintritts von 2008 TC3 konkretisiert werden: 7. Oktober gegen 4:46 MESZ über dem nördlichen Teil des Sudan bei 33,3°O und 20,3°N. Verständlich deshalb die Aufregung bei den Kleinplanetenbeobachtern weltweit, die innerhalb weniger Stunden über 500 Positionsmessungen beisteuerten; 24 Mal wurde die Bahn verbessert. Zum ersten Mal wurde dabei auch verfolgt, wie ein erdnaher Kleinplanet in den Erdschatten eintritt, und photometrische Serien zeigten einen schnellen, taumelnden Rotator, was für Asteroiden dieser 2-Meter-Klasse nicht ungewöhnlich ist.

Trotz des entlegenen Ortes des Atmosphäreneintritts kamen zahlreiche Beobachtungen des Boliden mit zum Teil exotischen Techniken zusammen: Ein (namentlich nicht genannter) US-Militärsatellit registrierte die Explosion um 4:46:40 MESZ in 37km Höhe, der Wettersatellit Meteosat 8 sah sie in allen Spektralbändern, für eine Webcam in Ägypten erhellte sich kurz die Landschaft, die (gerade noch rechtzeitig alarmierte) Besatzung eines weit entfernten Verkehrsflugzeugs sah den Blitz am Horizont, und ein Infraschall-Sensor in Kenia registrierte die Druckwelle der Explosion viele Minuten später. Aus den Satelliten- wie Infraschalldaten ergibt sich die erwartete Explosionsenergie, die einer Kilotonne TNT entspricht. Mit dem Fall von ein paar Meteoriten konnte zwar gerechnet werden, aber die politischen Verhältnisse im nördlichen Sudan machen eine Suche von ausländischen Expeditionen nahezu aussichtslos. Stattdessen hat der Fall 2008 TC3 manche Fragen aufgeworfen: Was wäre gewesen, wenn der Körper größer und Folgen am Boden wahrscheinlich gewesen wären? Wie wäre die Bevölkerung in der — von Anfang an ziemlich präzise bekannten — Impaktzone informiert worden? Nach Auskunft des Asteroidenspezialisten Paul Chodas vom JPL wird bereits an Software gearbeitet, die die sich entwickelnde Bedrohungslage live für jedermann erkennbar machen wird. Und werden künftige Suchprogramme wie PanSTARRs und LSST eine längere Vorwarnzeit von unbekannten Miniasteroiden im Anflug bringen? Eher nicht, sagt Chodas: Zwar haben sie eine viel bessere Grenzgröße als die heutigen Systeme, beobachten dasselbe Himmelsfeld aber nur alle paar Tage.

André Knöfel und Daniel Fischer

JPL-Meldung zu der Satellitenbeobachtung: neo.jpl.nasa.gov/news/news160.html
André Knöfel

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