Meldungen aus der Forschung

2015 TG387, ~300 km groß: ein dritter Vertreter der Inneren Oortschen Wolke

Der erste Fund war (90377) Sedna gewesen, entdeckt vor 15 Jahren, dann kam mit 2012 VP113 ein zweiter – und nun ist mit 2015 TG387 ein dritter Himmelskörper entdeckt worden, der das Sonnensystem auf eine Weise umkreist, dass er von dessen Planeten nicht nennenswert beeinflusst wird. Die Lage seiner Bahn im Raum passt dabei zur weiterhin unbewiesenen Hypothese eines neunten Planeten ebenfalls weit draußen.

Die drei Himmelskörper werden der sogenannten Inneren Oortschen Wolke zugeordnet und nicht mehr dem Kuiper-Gürtel gleich hinter der Neptunbahn: Die Bahnen der Tausenden von Körpern in dieser Zone – inklusive Pluto und der anderen Zwergplaneten – werden von den Planeten des Sonnensystems und vor allem dem Neptun beeinflusst, dem sie relativ nahe kommen, wenn sie sich der Sonne auf ihren meist elliptischen Bahnen am stärksten nähern. Die entsprechenden Bahnpunkte – Perihelia – der Körper in der Oortschen Wolke weiter draußen liegen dagegen jenseits des Kuipergürtels: Betragen gleichzeitig die großen Halbachsen ihrer Bahnen nicht mehr als ein paar Tausend Astronomische Einheiten (au, Abstände Erde – Sonne), spricht man von der Inneren Oortschen Wolke. Mit einer Periheldistanz von 65±1 au, einer großen Halbachse von 1190±70 au und einer Exzentrizität von 0,95 gehört 2015 TG387 klar in diese Kategorie, der bei einer gezielten Suche nach Exoten jenseits des Kuipergürtels aufgespürt wurde. Das kann natürlich nur in der Nähe des Perihels gelingen: in diesem Fall mit dem 8,4-Meter-Subaru-Teleskop mit 24,0 mag. in 80 au Sonnenabstand vor exakt 3 Jahren. 99,5% der Zeit ist er selbst für die größten Teleskope zu schwach.

Die „Extremisten“ des Sonnensystems, in einem Diagramm, das die Exzentrizität der Bahn (y-Achse) gegen die Periheldistanz (in au; x-Achse) aufträgt. Der neue Fund 2015 TG387 hat die drittgrößte bekannte Periheldistanz und unter den drei Vertretern der Inneren Oort-Wolke die bei weitem ausladendste Ellipsenbahn, die über 2300 au von der Sonne fort führt. Alle Objekte mit großen Bahn-Halbachsen über 150 bis 250 au (gestrichelte Linien) werden als ‚extrem‘ betrachtet, wobei diejenigen mit Periheldistanzen unter 50 bis 60 au aber noch unter dem Einfluss der bekannten Planeten stehen und ganz anderen Kräften ausgesetzt sind. [Sheppard et al.]
Über die physikalischen Eigenschaften von 2015 TG387 ist fast nichts bekannt: Sein Durchmesser dürfte – bei einem angenommenen Reflexionsvermögen von 15% – etwa 300 km betragen, was ihn allenfalls zu einem Kandidaten für einen zusätzlichen Status als Zwergplanet macht (nur bei hohem Eisgehalt nehmen auch so kleine Himmelskörper schon unter ihrer eigenen Schwerkraft Kugelgestalt ein, was die Grundvoraussetzung ist). Viel interessanter ist aber seine Bahn im Raum: Die ausladende Ellipse liegt im selben generellen Sektor wie auch die Bahnen von Sedna und 2012 VP113 und von einer Reihe Körpern des Kuipergürtels mit langen Ellipsenbahnen (die zusammen als ETNOs, extreme trans-Neptunische Objekte, bezeichnet werden). Man könnte den neuen Fund also als weiteres Indiz für die Realität des hypothetischen „Planeten Neun“ werten, der auf der ‚anderen‘ Seite draußen ums Sonnensystem laufen soll und so die ETNOs auf ihre Bahnen zwingt. Auch wenn alle energischen Suchprogramme nach Planet Neun bislang leer ausgingen (und es auch Argumente gegen seine Existenz gibt): Sedna, 2015 TG387 und Co. haben uns auf jeden Fall etwas über die Entstehung des Sonnensystems zu sagen und wie dessen äußerer Rand in Form gebracht wird.

LINKS:

Originalarbeit: https://arxiv.org/abs/1810.00013
Carnegie Press Release: https://carnegiescience.edu/news/new-extremely-distant-solar-system-object-found-during-hunt-planet-x
Hawaii Press Release: http://www.ifa.hawaii.edu/info/press-releases/2015TG387/

Daniel Fischer

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Daniel Fischer

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