Eine moderne GoToMontierung ist sehr hilfreich durch ihr automatisches Auffinden von Objekten am Himmel. Aber so lange gibt es diese interessante Technik noch gar nicht!

Manche Dinge ändern sich nicht – auch vor hundert Jahren war eine gute Montierung schwer, robust und mechanisch möglichst exakt gearbeitet. Die Nachführung geschah allerdings manuell durch vorsichtiges Drehen an einem durch eine Welle mit dem Teleskop verbundenen Drehknopf. Vor sechzig Jahren wurde der Einsatz kleiner Motoren zur automatischen Nachführung auch für Amateure üblich. Zuerst waren es Synchronmotoren, die aus den 50Hz der Netzspannung mit geeigneter Untersetzung versuchten, genau die scheinbare Umdrehungsgeschwindigkeit des Himmels nachzubilden. Aufgrund der »krummen« Dauer eines Sterntages (23h 56min 4,091sec), an dem sich die Nachführung mit ihrer Umdrehungsgeschwindigkeit orientieren muss, war dies für eine längere Nachführdauer immer etwas problematisch. Später verwendete man hierfür quarzgesteuerte Motoren, die das wesentlich genauer konnten.

Vor etwa dreißig Jahren kamen in den USA erste Nachrüstsätze auf den Markt, mit denen man mithilfe von Sensoren (Encodern) die aktuelle Position des Teleskops (Rektaszension und Deklination) digital anzeigen konnte. Im nächsten Schritt wurde es möglich, die Position eines Zielobjektes (ebenfalls in Rektaszension und Deklination) einzugeben und mithilfe von angezeigten Richtungspfeilen das Teleskop zum gewünschten Zielpunkt zu bewegen (beim Erreichen gingen die Symbole aus oder kehrten sich beim Überschreiten um).

Von hier aus war es dann nur noch ein kleiner Schritt, viele Zielobjekte gespeichert vorzuhalten und die Nachführung sowie das Anfahren durch Motoren ausführen zu lassen.

Früher wie heute wird ein Teleskop je nach Einsatz mehr oder weniger präzise eingenordet (und für Astrofotografie genau eingescheinert). Anschließend wurden früher die Skalen der Rektaszensions- und der Deklinationsachse anhand eines bekannten Objektes justiert. Weitere Objekte konnten dann anhand ihrer bekannten oder aus Tabellen abgelesenen Position eingestellt werden. Auch wenn die meisten äquatorialen Montierungen heute noch diese Skalen für Rektaszension und Deklination haben, werden sie nur noch selten benutzt. Die nötige Justierung eines GoTo-Teleskops, damit der eingebaute Computer »weiß«, wie das Teleskop ausgerichtet ist, geschieht heute auf andere Art und Weise.

Der Computer eines GoTo-Teleskops hat ein Abbild des Sternenhimmels mit rund 40.000 Objekten im »Kopf«. Stellen Sie sich das so vor, als ob er das Bild einer großen Kugel gespeichert hat, auf deren Oberfläche die einzelnen Sterne, Galaxien, Nebel usw. angeordnet sind. Die echten Sterne usw. liegen für uns visuell ja ebenfalls wie auf einer Kugelschale (weshalb man sich dies bis ins Mittelalter ja auch genauso vorstellte). Der Computer muss also »nur« noch die beiden Kugelschalen zur Deckung bringen. Eine der beiden Kugelschalen sei in unserem Bild nun innerhalb der anderen gelagert. Jetzt verdrehen Sie die äußere Schale solange frei, bis ein gewählter Stern auf beiden Schalen exakt übereinanderliegt. Nun stecken Sie eine Stricknadel durch diesen Stern quer durch beide Kugeln, bis sie genau gegenüber wieder herauskommt. Jetzt können Sie die äußere Kugel genau wie einen Globus solange drehen, bis sie mit allen Objekten deckungsgleich mit der inneren Kugel ist.

Abb. 2: Eine Kugel, die auf einer Achse drehbar gelagert ist, kann nur auf dieser Achse gedreht werden [Peter Oden]
Ab diesem Zeitpunkt »weiß« der Computer der GoToMontierung genau, wo (fast) jedes beliebige der gespeicherten Objekte am Himmel zu finden ist. Die Montierung wird also nacheinander auf zwei Sterne ausgerichtet und schon kennt der Computer auch die aktuelle Position (fast) sämtlicher anderer Objekte am Himmel.

Die mit ‚fast‘ bezeichneten Ausnahmen kommen daher, dass einige der gespeicherten Objekte, speziell die im Sonnensystem, uns nach astronomischen Maßstäben so naheliegen (besonders der Mond), dass es zu einem Parallaxen-Fehler käme, wenn man dies nicht berücksichtigt und daher etwas zusätzlichen Rechenaufwand benötigen. Dies ist vergleichbar mit Objekten im Vordergrund, die vor dem Hintergrund hin- und herspringen, wenn man abwechselnd mit dem linken oder rechten Auge schaut. Aus diesem Grunde fragt der Computer zu Beginn auch noch die exakte Zeit und Position des Beobachters ab (beides kann bei hochwertigen Montierungen auch durch ein eingebautes GPS-Modul erledigt werden). Mit all diesen Information ist die Position aller Objekte genau bekannt und der Computer der Montierung kann auf einen ‚Gehe Zu‘-Befehl entsprechend reagieren. Auf die Mathematik hinter all diesen Umrechnungen wird an dieser Stelle bewusst verzichtet.

Warum aber anstatt der erwähnten zwei Sterne für manche Montierungen auch eine 1-Stern-Ausrichtung (Alignment) ausreichend ist und wofür eine Ausrichtung mit 3 Sternen sinnvoll ist, erfahren Sie in Kürze in einem eigenen Artikel zum Thema Alignment.

Peter Oden

Share
Published by
Peter Oden

Recent Posts

Astronomie im Winter: 3 schnelle Tipps, für die Beobachtung

Im Sommer wundervoll warm aber Astronomie im Winter eine Zumutung? Von wegen. Was Sie machen…

5 Jahren ago

Spix‘ Blick zum Mond: Hesiodus – Lichtspiele und Doppelwall

Die letzte Ausgabe des »Blicks zum Mond« ist noch einmal etwas für Frühaufsteher. Am 1.…

6 Jahren ago

Was ist eigentlich … 66?

Keine Sorge! Ich werde jetzt definitv nicht in irgendwelchen numerologischen Geheimnissen herumkramen und mich über…

6 Jahren ago

InSights Solarzellen offen – mehr Bilder

Nach der perfekten Landung von InSight auf dem Mars und dem Empfang des ersten Bildes…

6 Jahren ago

Eine Landung wie nach Drehbuch: InSight steht in der Elysium Planitia

Die Landung vom InSight auf dem Mars ist noch perfekter abgelaufen als erhofft. Nicht nur…

6 Jahren ago