Die Staubteilchen, die der Komet Giacobini-Zinner im Jahr 1900 – vielleicht bei einem Ausbruch – in den Weltraum entließ, haben es am Abend des 8. Oktober ordentlich krachen lassen: Trotz des fast vollen Mondes und manchem Wetterproblem konnten etliche Beobachter gegen 22:00 MESZ ein scharfes Maximum der Draconiden verfolgen, die eine Viertelstunde lang mehrere Meteore pro Minute aufleuchten ließen. Für einen einzelnen visuellen Beobachter wohlgemerkt: Unter Idealbedingungen in Portugal z.B. konnte der Belgier Michel Vandeputte in drei Stunden 250 Draconiden sehen, davon 154 in der Stunde rund ums Maximum und in mehreren Minuten drei bis vier, einmal sogar sieben. Ähnlich erfolgreich war der Niederländer Marco Langbroek, der bei Dunkelsdorf (das wirklich so heißt) in der Nähe von Lübeck bei einer Grenzgröße von 6 ,m3 ähnliche Fallraten wahrnahm. Die meisten Beobachter mussten sich freilich bei schlechteren Bedingungen mit höchstens ein paar Dutzend gesehenen Meteoren begnügen, doch alle Zahlen lassen sich durch Korrekturen für Radiantenhöhe, Grenzgröße etc. auf einen Nenner bringen, die Zenitstundenrate (ZHR): Sie gibt die Zahl der Meteore an, die ein Einzelner bei Grenzgröße 6 ,m5 und Radiant im Zenit sehen würde. Die ZHR-Prognosen diverser Theoretiker hatten zwischen 5 und 1000 gelegen – und nach der aktuellen Gesamtauswertung durch die International Meteor Organization (Grafik) erreichte der Wert für ein paar Minuten immerhin 330: weit entfernt von einem Meteorsturm zwar, aber der größte Meteor-Ausbruch seit 9 Jahren.
Nicht nur von visuellen Beobachtern wurden die Draconiden diesmal beobachtet, sondern mit mehr Methoden denn je: Auf Anhieb erfolgreich war dabei das vom deutschen Meteorsoftware-Spezialisten Sirko Molau über die Jahre aufgebaute Netzwerk von empfindlichen Videokameras mit automatischer Schnuppendetektion, dessen Daten zum ersten Mal praktisch in Echtzeit abgerufen und vollautomatisch in ein Aktivitätsprofil – Kometenstaubteilchen pro Fläche und Zeit – umgerechnet wurden. Obwohl nur eine Handvoll Kameras gutes Wetter hatten, baute sich der korrekte Verlauf des pyramidenförmigen Maximums deutlich schneller auf als aus den langsamer einlaufenden und heterogeneren visuellen Zahlen. Ebenfalls erfolgreich war auch die Zusammenführung weltweiter Messungen von Echos ferner Radiosender an den Ionisationsspuren der Draconiden, die ebenfalls sauber das Profil der Aktivität nachzeichnen – und ausgeprägter als die optischen Daten ein Vormaximum etwa 2 Stunden vor dem Hauptmaximum zeigen: Dafür könnte Staub verantwortlich sein, den Giacobini-Zinner bereits im 19. Jahrhundert frei gesetzt hatte, was gegen die Hypothese spräche, dass er überhaupt erst 1900 aktiv wurde. Die Staubteilchen des großen Maximums sind jedenfalls definitiv 111 Jahre alt: Das zeigt die Vermessung der Bahnen von 28 Draconiden, die gleichzeitig von Videokameras in Dunkelsdorf und am Leibniz-Institut für Atmosphärenphysik in Kühlungsborn aufgezeichnet wurden. In letzterem konnten auch Lidar-Strahlen ein paar Meteorspuren in knapp 100km Höhe erfassen: Kalium als Bestandteil der Kometenteilchen wurde so bereits nachgewiesen.
Daniel Fischer
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