Nachrichten aus der Astro-Szene

Norddeutsches Astrofotografentreffen in Hildesheim

Am 11. März 2017 stand das Frühjahrstreffen der norddeutschen Astrofotografen auf dem astronomischen Veranstaltungskalender. Gastgeber waren diesmal die Hildesheimer Sternfreunden (Hildesheimer Gesellschaft für Astronomie e.V. und die Arbeitsgemeinschaft Hildesheimer Amateurastronomen), die in das Kolleggebäude des Josephinums in der Kreuzstraße einluden.

In fünf Stunden waren neun verschiedene Beiträge zu bewältigen, die maximal bis zu einer halben Stunde dauerten und oft auch wesentlich kürzer ausfielen, was genügend Raum für Erfahrungsaustausch und Verpflegung ließ.

Frühjahrstreffen der norddeutschen Astrofotografen in Hildeheim, 11.03.2017, Manfred Holl

Im ersten Beitrag von Mathias Levens ging es um »Gerafftes Polarlicht«, wo zunächst einige Aufnahmen gezeigt wurden, die mit einem 135mm-Objektiv und teilweise einem H-alpha-Filter entstanden waren: Kaliforniennebel und Sharpless 240. Das Hauptthema war eine Reise mit den Hurtigruten, die er als wissenschaftlicher Begleiter in Richtung Nordkap entlang der norwegischen Küste mitmachte. Ein koronales Loch auf der Sonne hatte für einen erhöhten Strahlungsstrom gesorgt, in dessen Folge während der Reise wunderschöne, grünliche Polarlichter zu sehen waren. Die meisten Aufnahmen entstanden an Bord der Finnmarken und offenbarten bei nur ein bis zwei Sekunden Belichtungszeit viele unterschiedliche Formen dieses einzigartigen Naturschauspiels. Zu einem kurzen Zeitrafferfilm zusammengesetzt, gaben sie das ganze Ausmaß der Erscheinungen wieder.

Andreas Zirke stellte danach seine Sternwarte vor und präsentierte sehr sehenswerte Aufnahmen, die über viele Nächte hinweg entstanden waren. Die Belichtungszeiten betrugen dabei oft mehr als 20 Stunden. Dabei nahm er sowohl RGBs als auch reine H-alpha- sowie Kombinationen daraus auf. Ergebnisse präsentierte er anhand von Bildern von IC 342 (Balkengalaxie in der Giraffe), IC 405 (Nebelstruktur im Fuhrmann), dem Conusnebel (Dunkelwolke im Einhorn, der zum Sternentstehungsgebiet NGC 2264 gehört) , das Leo-Triplett, die Spiralgalaxie M 74, M 78 im Orion, M 81 im Großen Bären, den Planetarischen Nebel NGC 1514 im Stier, NGC 281 (Emissionsnebel in der Cassiopeia) und die Region um M42 im Orion.

Uwe Zurmühl berichtete danach über die Möglichkeiten, als Amateur ernsthafte Spektroskopie zu betreiben. Hierzu kann man z.B. den Star Analyzer – ein Blaze-Gitter in Form eines 1,25-Zoll-Einschraubfilters – oder einen Spaltspektrographen einsetzen. Er selbst arbeitet hingegen mit einem spaltlosen Spektrographen und konnte bisher z.B. helle Sterne (Wega, 40 Eridani), Planeten wie Uranus oder großflächige Objekte wie NGC 6888 und den im Zentrum sitzenden Wolf-Rayet-Stern WR 136, die Plejaden sowie Novae und Supernovae spektroskopieren.

Nach einer kleinen Pause mit Gesprächen, Würstchen und Kuchen, referierten Katja Seidel und Michael Schomann aus Wolfsburg über Leuchtende Nachtwolken der letzten Saison. Sie erläuterten kurz das Phänomen, das in Norddeutschland am besten in den Monaten Juni und Juli zu beobachten ist und zeigten aktuelle Aufnahmen, die, mit Photoshop etc. bearbeitet, die Möglichkeiten digitaler Bildbearbeitung vor Augen führte.

Anschließend demonstrierte Arndt Latußek, wie man ein Teleskop mit 4,5m-Brennweite in den Griff bekommt und was man mittels einer Asi-Kamera, einen Heidenhain-Umlenkspiegel und dem Onag Dichroic Beam Splitter so alles anstellen kann – außer, dass man gleichzeitig guidet und aufnimmt. Auch ein Telescope Drive Master kommt hier zum Einsatz, sodass nur die Montierung eingeschaltet werden muss und man, abgesehen vom Auskühlen, praktisch gleich loslegen kann. Als Beispiel zeigte er Bilder u.a. von den Spiralgalaxien NGC 772 und NGC 7331 und der Region rund um den Pferdekopfnebel.

Im nachfolgenden Beitrag konnte ich neben der Vorstellung meiner heimischen Beobachtungssituation zwischen Hochhäusern und Bäumen Aufnahmen von Halos, Planetenkonstellationen und Wettersituationen vorführen, die ich mit iPhone-Kameras aufgenommen hatte. Anschließend stellte Katja Seidel ihr Buch »Astrofotografie – Spektakuläre Bilder ohne Spezialausrüstung« konzeptionell und inhaltlich vor.

Der letzte Vortragende war Michael Mushardt, der zum einen von seiner Reise zur totalen Sonnenfinsternis am 9. März 2016 nach Indonesien berichtete, das Ereignis selbst schilderte – man konnte an dem gewählten Standort davon nur wenig sehen – und Land und Leute beschrieb. Im letzten Kurzbeitrag des Tages warb er für das auf dem Gamsberg in Namibia von der Vereinigung »Internationale Amateursternwarte« betriebene Observatorium, das einstmals in den 1970er Jahren von der Max-Planck-Gesellschaft als Europäische Südsternwarte geplant war, was sich aber nicht realisieren ließ – zurück blieb die bereits abgesprengte Spitze des Gamsbergs, der heute eine völlig plane Oberfläche besitzt. Dort befindet sich eine kleine Beobachtungsstation die unter bestimmten Voraussetzungen von engagierten Sternfreunden genutzt werden kann. Im Vergleich zur Farm Hakos gibt es hier nochmals verbesserte Beobachtungsbedingungen, was durch Allsky- und Startrail-Aufnahmen und Bilder von Mars, Jupiter, Saturn, dem Leo-Triplett oder dem Trifidnebel eindrucksvoll belegt wurde.

Kurz nach 18 Uhr war das Norddeutsche Astrofotografentreffen dann leider schon wieder zu Ende. Zusammenfassend fiel auf, dass nur wenige aktuelle Sonnensystem- oder Deep-Sky-Bilder, sondern vermehrt solche von atmosphärischen Phänomenen oder Reisen in ferne Länder gezeigt wurden, was sicher auch am anhaltend schlechten Wetter im Norden lag. Das nächste Norddeutsches Astrofotografentreffen wird am 4. November 2017 in Neumünster stattfinden und ist die Jubiläumsveranstaltung anlässlich des 40jährigen Bestehens dieser festen norddeutschen Institution.

LINKS:
Norddeutsche Astrotofotografentreffen: http://astronomie-nord.de/naft/
Hildesheimer Gesellschaft für Astronomie e.V.: http://www.higa-ev.de/index.php/de/
Sternwarte Neumünster: http://www.sternwarte-nms.de/

Manfred Holl

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