Besser als am 8. Juni 2004 hätten die Bedingungen kaum sein können: Ein Himmelsereignis, das es seit 1882 nicht mehr gegeben hatte, war in Europa in voller Länge zu sehen, und fast überall herrschte perfektes Wetter. Diese Messlatte kann der zweite und letzte Venus-Durchgang vor der Sonnenscheibe des 21. Jahrhunderts schon aus geometrischen Gründen nicht mehr erreichen: Er beginnt lange vor Sonnenaufgang in Europa, und nur das Ende kann im Prinzip gesehen werden – wobei der Austritt der Venus aber beispielsweise in Köln in nur 10° Höhe stattfindet. Trotzdem lohnt das sehr frühe Aufstehen, denn erst in 105,5 Jahren wird sich das Schauspiel wiederholen, das zwar als solches nicht mit der Dramatik einer Sonnenfinsternis mithalten kann, dafür aber so eng mit der Geschichte – und atemberaubenden Geschichten – der Astronomie verwoben ist wie wenige andere Himmelsphänomene. Denn die seltenen Venusdurchgänge, auf deren Möglichkeit erstmals Johannes Kepler aufmerksam geworden war, boten sich als geradezu ideales Werkzeug an, die Dimensionen des Sonnensystems endlich absolut zu vermessen, was bei den vier Durchgängen des 18. und 19. Jahrhunderts so manchen Astronomen auf abenteuerliche und manchmal auch tödliche Weltreise schickte.
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1Occult 4.0.9 von D. Herald |
Heute gibt es dank Radar und Satellitenfunk weit genauere Methoden zur Entfernungsmessung im Sonnensystem, aber die alten Techniken – mit der Messung der Zeitpunkte, wann die Venus den Sonnenrand von innen berührt, oder durch direkte Astrometrie – werden heute noch gerne von Amateurastronomen nachvollzogen. Das wissenschaftliche Interesse ist aus einem völlig anderen Grund neu erwacht: Der Durchgang der Venus vor dem Sonnenscheibchen entspricht dem Transit eines Exoplaneten vor seinem Stern, dessen Licht eine etwaige Atmosphäre durchleuchtet und einen winzigen spektralen Effekt auf das Gesamtlicht hat. Die Venus hat eine Atmosphäre bekannter Zusammensetzung, und entsprechend sollte sich das Sonnenspektrum während des Durchgangs minimal verändern: Dieser Effekt soll etwa mit dem Hubble Space Telescope nachgewiesen werden, das dazu 7 Stunden lang immer wieder einen bestimmten Krater auf dem fast voll beschienenen Mond anpeilt. Während des Ein- und Austritts der Venus wiederum wird deren Atmosphäre direkt von einer ganzen Reihe Standorten aus durch spezielle Filter fotografiert: Sie bricht das Sonnenlicht Richtung Erde und macht sich als »Aureole« bemerkbar. Deren genaue Form wiederum verrät etwas über Schichten der oberen Venusatmosphäre, die keiner anderen Technik zugänglich sind – und auch Amateurastronomen können hier nützliche Bilder beisteuern. Während die Venus vor der Sonnenscheibe so fotografiert werden muss wie ein typischer dicker Sonnenfleck, sind für den Aureolen-Nachweis bis zu 10-mal längere Belichtungen nötig.
interstellarum lädt zur Einsendung von Transitbildern und -videos aller Art ein!
Bitte senden Sie uns ihre besten Aufnahmen des Transits direkt über unsere Uploadseiten. Möglichst zeitnah eingesendete Aufnahmen haben die Chance, in interstellarum 83 (Erscheinungstermin 20.7.2012) veröffentlicht zu werden.
Sind Ihnen Videos vom Venustransit geglückt? Senden Sie uns diese über den Videoupload auf unseren Server. Wir zeigen eine Auswahl der schönsten Ergebnisse in interstellarum 83 und der interstellarum Sternstunde!
Daniel Fischer
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