Fasziniert vom Mond: Wilfried Tost ist gestorben

Man konnte ihn getrost liebevoll als »mondsüchtig« bezeichnen: Es gab wohl kaum jemanden, der soviel über unseren nächsten Nachbarn im Weltall erzählen konnte wie er. Und dabei beschränkte er sich nicht nur auf selenologische Sachverhalte, sondern er war auch eine schier unerschöpfliche Wissensquelle zum Mond in der Kulturgeschichte, in der Kunst oder auch im Film. Jeder, der Wilfried ein wenig kannte, wurde über kurz oder lang von seiner Begeisterung hierfür angesteckt – und achtete irgendwann selbst beim Anblick eines Mondfotos z.B. in der Werbung darauf, ob der betreffende Grafiker den Erdtrabanten wieder einmal gekippt, gespiegelt oder sonst verfälscht hatte.

Seit April 1987 war Wilfried Tost Mitglied des Trägervereins des Planetariums am Insulaner und der Wilhelm-Foerster-Sternwarte. 2006 übernahm er nach Adolf Voigt die Leitung der Arbeitsgemeinschaft »Berliner Mondbeobachter«, in der er u.a. den fotografischen »Berliner Mondatlas« digitalisierte und damit dessen weltweite Nutzung bedeutend vereinfachte. Außerdem organisierte Tost immer wieder Ausstellungen, verfasste Zeitschriftenartikel, hielt öffentliche Vorträge auch außerhalb der Mondgruppe oder half Filmabende vorzubereiten – gerade erst vergangenes Jahr »The Dish« anlässlich des Jahrestages der ersten Mondlandung. Auch im Verein selbst engagierte er sich: Von 1994–2000 setzte er als 2. Vorsitzender der Wilhelm-Foerster-Sternwarte unermüdlich neue Dinge in Bewegung und half, das »Raumschiff« Planetarium und Sternwarte durch teilweise recht schwierige Bereiche des »Weltalls« zu steuern. Als Leiter der AG-Internet versuchte er, auch nicht Netz-affinen Vereinsmitgliedern die Möglichkeiten dieses Mediums zu vermitteln. Wilfried Tost starb am 12. Januar 2014 nach langer, schwerer Krankheit; er wurde nur 61 Jahre alt. Was all denen in Erinnerung bleiben wird, die mit ihm befreundet oder bekannt waren, ist seine Offenheit und Freundlichkeit, sein großes Wissen, sein Humor und seine Begeisterung für alles, was er tat. Er hinterlässt eine große Lücke, die wir nicht werden schließen können.

Monika Staesche

Gruppe Berliner Mondbeobachter:
www.wfs.be.schule.de/pages/Mondbeobachter/index.shtml
Ein weiterer Nachruf:
zauberdersterne.wordpress.com/2014/01/20/der-interstellarum-mondmann-wilfried-tost-ist-gestorben
monika-staesche

Share
Published by
monika-staesche

Recent Posts

Astronomie im Winter: 3 schnelle Tipps, für die Beobachtung

Im Sommer wundervoll warm aber Astronomie im Winter eine Zumutung? Von wegen. Was Sie machen…

4 Jahren ago

Spix‘ Blick zum Mond: Hesiodus – Lichtspiele und Doppelwall

Die letzte Ausgabe des »Blicks zum Mond« ist noch einmal etwas für Frühaufsteher. Am 1.…

5 Jahren ago

Was ist eigentlich … 66?

Keine Sorge! Ich werde jetzt definitv nicht in irgendwelchen numerologischen Geheimnissen herumkramen und mich über…

5 Jahren ago

InSights Solarzellen offen – mehr Bilder

Nach der perfekten Landung von InSight auf dem Mars und dem Empfang des ersten Bildes…

5 Jahren ago

Eine Landung wie nach Drehbuch: InSight steht in der Elysium Planitia

Die Landung vom InSight auf dem Mars ist noch perfekter abgelaufen als erhofft. Nicht nur…

5 Jahren ago