Categories: Aktuelle Ereignisse

Drei auf einen Streich

Die Aktive Region 12087 im Weißlicht am 13.06.2014, 8:25 Uhr MEZ. [Erich Kopowski]

Die Sonne ist auch in dem sehr seltsamen Zyklus Nr. 24 immer wieder für eine Überraschung gut: Dies zeigte sich am 10. und 11. Juni, als binnen eines Tages aus der neuen Aktiven Region 12087 gleich drei X-Flares am Ostrand hervor schossen. Kaum um den südöstlichen Rand herumgekommen, wurde am 10. Juni ein X2.2-Flare registriert, der seinen Höhepunkt um 11:42 Uhr UT erreichte. Etwas mehr als eine Stunde später, um 12:55 Uhr UT folgte ein X1.5-Flare, der mit einem starken Koronalen Massenauswurf (CME) verknüpft war. Am 11. Juni gab es zunächst einen M1.8-Flare um 5:34 Uhr UT, einen M3.0 um 8:09 Uhr UT und um 9:05 Uhr UT einen X1.0. Auch dieser war mit einem CME assoziiert, vermochte aber aufgrund seiner sehr randnahen Position nicht das geomagnetische Feld der Erde zu treffen. Es wurde spekuliert, ob es bei dem Auswurfmaterial eine erdwärts gerichtete Komponente gab, was sich aber nicht bestätigte. Die Region war in den danach folgenden Tagen Quelle einer ganzen Fülle von niedrig klassigen C-Flares und einigen der zweithöchsten Klasse M. Das Ereignis vom 11.6.2014 erreichte um 21:20 Uhr UT die Stufe M3.9. Danach wurde es merklich ruhiger in dieser Gruppe.

Was wirklich überraschte war, dass dort keine E- oder F-Gruppe am Ostrand erschienen war – diese beiden höchstentwickelten Fleckentypen nach der Waldmeier-Klassifikation sind geradezu prädestiniert für X-Flares – war es »nur« eine Gruppe der Waldmeier-Klasse D, die aber anfangs über ein komplexes und sehr instabiles Magnetfeld verfügte, das sich nach den Ausbrüchen ein wenig beruhigte. Derweil wird auch darüber debattiert, ob wir uns just dieser Tage im Fleckenmaximum befinden könnten, das allerdings einem Mini-Maximum entsprechen würde. Was jedoch merkwürdig ist, wie vieles in diesem Zyklus: Normalerweise kommt erst das Hauptmaximum mit der höchsten Aktivität und dann ca. ein bis zwei Jahre später das Nebenmaximum mit einer gegenüber dem großen Maximum etwas reduzierten Aktivität. Im aktuellen Zyklus ist das genau umgekehrt. Die erste Spitze erfolgte im Februar 2012 und – nach neuesten Berechnungen des Marshall Space Flight Center der NASA – die weitaus höhere im November 2013 mit einer gemittelten Sonnenfleckenrelativzahl von 75,4. Der Zyklus wäre damit immer noch der niedrigste seit über 100 Jahren: Das Maximum vom Februar 1906 lag gerade einmal bei einer gemittelten Relativzahl von 64,2.

Flarefeld rund um die AR 12087 im Hα-Licht am 14.06.2014, 16:13 Uhr MEZ. [Erich Kopowski]

Über die Ursache wird freilich gestritten, einige Forscher sehen darin eine generelle Umstellung des solaren Dynamos mit weitreichenden Folgen für die nächsten Zyklen, die dann noch schwächer ausfallen sollen, als der Gegenwärtige. Andere machen eine bislang unbekannte Variante des Flip-Flop-Zyklus für das merkwürdige Verhalten der Sonne verantwortlich, der einen Zusammenhang mit der Entstehung von Fleckengruppen in bestimmten heliographischen Breiten und deren zeitlich gegeneinander versetzte Aktivität beschreibt. Gegenwärtige Spekulationen über ein Maximum im Jahr 2015 – der Zyklus wäre dann schon 7 Jahre alt – dürften momentan noch als reine Vermutung ohne jegliche Grundlage zu betrachten sein. Aber wer weiß, was dieser Zyklus noch alles an Überraschungen parat hat.

Manfred Holl

Mini-Maximum der Sonne:
science1.nasa.gov/science-news/science-at-nasa/2014/10jun_solarminimax/
Meldung zu den Flares:
www.nasa.gov/content/goddard/sun-emits-3-x-class-flares-in-2-days/
Aktuelle Zyklusvorhersage (Stand Juni 2014):
solarscience.msfc.nasa.gov/predict.shtml
Flip-Flop-Zyklus:
sonnen-sturm.info/hilfe_faq/sonnenflecken/
Manfred Holl

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Manfred Holl

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