Die Faszination der Himmelsbeobachtung zieht erfreulich weite Kreise. Mancher, der sich spontan ein möglichst billiges Teleskop kauft, ist aber zunächst ernüchtert über dessen Handhabung. Wie gut, wenn es im Bekanntenkreis einen Amateurastronomen gibt!
Du bist doch Sterngucker!, sagt neulich ein Kollege von mir freudig. »Ich hab da mal so’n Teleskop gekauft. Kannst du da mal drüber gucken?« Ich ahne, was jetzt kommt und erkundige mich nach dem Preis des guten Stücks. Der liegt deutlich unterhalb von Gut und Böse. »Wo hast du es denn gekauft?« Der Kollege nennt einen Versandhandel, der nicht nach Teleskophändler, sondern eher nach einem Anbieter von Scherzartikeln klingt. »Bring mal mit«, sage ich und lege schon mal Werkzeug raus.
Da hat jemand mal Mondkrater oder den Saturnring gezeigt bekommen und möchte jetzt selbst ein Teleskop. Im Idealfall fragt der solchermaßen motivierte Einsteiger den Astrofreak seines Vertrauens vorher, was denn ein geeignetes Instrument für Anfänger wäre. Das hat ein Kollege getan. Ich habe ihm ein paar grundlegende Dinge gesagt, die er so oder ähnlich bei jedem Besuch in einer Volkssternwarte gehört hätte: Zum Kennenlernen des Himmels am besten lieber mit einem guten Fernglas anfangen. Wenn Teleskop, dann gibt es bei Newtons mehr Optik für’s Geld, dafür machen kleine Refraktoren für Planetenbeobachtung in Stadtnähe Sinn und man hat keine Scherereien mit der Justage. Auch der Hinweis, dass die beste Optik nix taugt, wenn die Montierung Schrott ist bzw. dass man statt mitgelieferter Billo-Okulare sich lieber wenige, aber anständige kaufen soll. »Das ist wie bei der Stereoanlage«, erkläre ich dem Kollegen, seines Zeichens Hi-Fi-Spezialist. »Der beste Verstärker nützt nichts, wenn du schlechte Boxen dranhängst. Bei Teleskop entsprechen die Optik dem Amp und die Okulare den Speakern! « Dennoch landete irgendwie das Billigröhrchen bei ihm.
Es kommt die Gelegenheit, da der Kollege seine Neuerwerbung in meinen Garten stellt. Es ist ein kleiner Newton auf einer – nennen wir es ruhig – Spielzeugmontierung. Die Optik ist von der Größe her ok. Mit so einem Dreizöller wird er schon was sehen können. Beim Blick durch den leeren Okularauszug scheinen Fang- und Hauptspiegel zunächst vorschriftsmäßig konzentrisch. Der Okularauszug selbst schlackert allerdings nach Lämmerschwanz-Art. Der winzige Sucher heißt so, weil man sicher damit suchen, aber kaum etwas finden wird. Er lässt sich zwar verstellen, doch bei der leisesten Berührung landet das Fadenkreuz wieder im Nirwana. Das Einstellen und Nachführen eines Objektes ist selbst für erfahrene Sternfreunde mühsam. Wie soll das ein Anfänger schaffen? Der Anblick des ersten angepeilten Sterns ist ernüchternd. Allen Schraubversuchen zum Trotz bleibt das Sternbild länglich. Der Kollege ist gleichwohl begeistert, als ich sein Teleskop (mit einem von meinen Okularen…) auf M 31 richte. Na, geht doch. Aber das Gerät muss ich mir nochmal vorknöpfen. Ich wollte mir schon immer mal einen Jusierlaser kaufen. Der ist vermutlich teurer als das kleine Teleskop. Dann mache ich in meinem Garten eine Justier-Ambulanz für Billigteleskope auf.
Dieser Diskussionsbeitrag von Paul Hombach erschien in der Ausgabe 9 (Juni/Juli 2017) von Abenteuer Astronomie. Das ganze Heft bekommen Sie im Oculum Shop.
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