Meldungen aus der Forschung

Compass-2: zweiter Studierenden-Satellit aus Aachen startklar

Voraussichtlich im April wird eine indische PSLV-Rakete den kleinen Satelliten Compass-2 auf eine Erdumlaufbahn bringen – aus der er sich mit Hilfe eines Segels nach einem halben Jahr selbst wieder entfernen soll: ein für die Entsorgung von Raumschrott durchaus wichtiges Experiment – und gebaut haben den Nanosatelliten Studierende der FH Aachen, die ihn heute feierlich mit einem „Roll-Out“ verabschiedet haben.

Das Flugmodell des Compass-2, ein 3U-CubeSat, also aus drei Würfeln mit je 10 cm Kantenlänge bestehend. Rechts eine von zwei Fischaugenoptiken, die die Entfaltung des Segels und der experimentellen Solarzellen überwachen soll. [Daniel Fischer]
Es ist bereits der zweite Satellit der Fachhochschule: Der erste Compass – der Name ist überraschenderweise kein Akronym – startete bereits 2008 und hat 4 Jahre lang gearbeitet. Auf der Basis dieses Erfolgs ist nun aus dem damaligen einfachen Würfel ein dreifacher geworden: Der mittlere enthält all die unerlässlichen Subsysteme für Betrieb und Kommunikationen, die anderen beiden aber tragen echte Nutzlasten, jeweils elegant zusammen gefaltet. Zum einen ist dies ein „Drag Sail„, das sich auf Kommando blitzartig entfalten und dann 1,65 Quadratmeter aufspannen soll: Während der Satellit vorher unbeeindruckt in 620 km Höhe seine Bahn zog, steigt damit der Luftwiderstand rapide an, und binnen 80 bis 90 Tagen stürzt er ab und verglüht.

Dieses dramatische Finale wird – einen pünktlichen Start in der 2. April-Hälfte vorausgesetzt – vermutlich in der vorlesungsfreien Zeit diesen Sommer eingeleitet: Schließlich besteht auch das Kontrollteam überwiegend aus „normalen“ Studierenden. Sie werden Compass-2 direkt vom FH-Gebäude in der Nähe des Aachener Bahnhofs aus kommandieren, auf dessen Dach sich auch die notwendige Antennentechnik befindet. Über den Zustand (und auch Ort) des Satelliten informieren aber auch über 80 automatische Empfänger eines globalen Netzwerks, und zusätzlich dürfen Amateurfunker empfangen und auch die Daten dekodieren.

Das aktuelle Team hinter Compass-2 – seit die FH Aachen das Projekt vor 9 Jahren begann, waren mehr als 30 Studierende und 7 Subsystem-Manager involviert. [Daniel Fischer]
Nach dem Aussetzen vom PSLV – wo der Compass-2 eine von über einem Dutzend großen und kleinen Nutzlasten ist – wird er zunächst erratisch taumeln, aber das soll im folgenden Monat mittels Magnetspulen gedämpft werden. Als nächstes wird dann die andere Nutzlast ausgefahren (ebenfalls sekundenschnell): Dünnschicht-Solarzellen, deren Leistungsabgabe unter Weltraumbedingungen getestet werden soll. Nach rund drei Monaten folgt dann das Brems-Segel: Es hat bereits einen Test unter Weltraumbedingungen absolviert, denn seine Erfinder, die „Space Sailors“ der RWTH Aachen, konnten es 2013 auf einer Höhenforschungsrakete fliegen. Während es den Satelliten in Richtung Erde spiralieren lässt, könnte es auch von Amateurastronomen zu verfolgen sein, wenn es das Sonnenlicht optimal zum Beobachter reflektiert.

Da gerade kurz vor Schluss Bahn und Lage des Satelliten wie auch der Zustand des Segels ziemlich unklar sein dürften, könnten optische Beobachtungen durchaus nützlich für die Beurteilung seiner Wirkung sein: Das war auch 2011 beim NanoSail-D2 und 2015 beim LightSail der Fall gewesen, zwei vergleichbaren Experimenten aus den USA. Eine effiziente Kommunikation zwischen der Aachener Bodenkontrolle und Satelliten-Amateurfunkern und Amateurastronomen rund um den Globus, um den bemerkenswerten Satelliten optimal im Auge zu behalten, soll nach dem Start aufgebaut werden.

Daniel Fischer

LINKS:
Projekt-Webseite (eher historisch): http://compass-project.de
Facebook-Seite (aktueller): https://www.facebook.com/compass.two
Twitter-Feed (am schnellsten): https://twitter.com/COMPASS_2
PM der FH zum Roll-Out: https://www.fh-aachen.de/topnavi/presse/presseaktuelles/aktuelles-details/?tx_ttnews%5Btt_news%5D=7040&cHash=95c98474a79473821ca36b6c0fb75e48
Der Raketen-Test mit dem Segel: https://www.youtube.com/watch?v=QktwfBNA-yw

Daniel Fischer

Share
Published by
Daniel Fischer

Recent Posts

Astronomie im Winter: 3 schnelle Tipps, für die Beobachtung

Im Sommer wundervoll warm aber Astronomie im Winter eine Zumutung? Von wegen. Was Sie machen…

5 Jahren ago

Spix‘ Blick zum Mond: Hesiodus – Lichtspiele und Doppelwall

Die letzte Ausgabe des »Blicks zum Mond« ist noch einmal etwas für Frühaufsteher. Am 1.…

6 Jahren ago

Was ist eigentlich … 66?

Keine Sorge! Ich werde jetzt definitv nicht in irgendwelchen numerologischen Geheimnissen herumkramen und mich über…

6 Jahren ago

InSights Solarzellen offen – mehr Bilder

Nach der perfekten Landung von InSight auf dem Mars und dem Empfang des ersten Bildes…

6 Jahren ago

Eine Landung wie nach Drehbuch: InSight steht in der Elysium Planitia

Die Landung vom InSight auf dem Mars ist noch perfekter abgelaufen als erhofft. Nicht nur…

6 Jahren ago