Voraussichtlich im April wird eine indische PSLV-Rakete den kleinen Satelliten Compass-2 auf eine Erdumlaufbahn bringen – aus der er sich mit Hilfe eines Segels nach einem halben Jahr selbst wieder entfernen soll: ein für die Entsorgung von Raumschrott durchaus wichtiges Experiment – und gebaut haben den Nanosatelliten Studierende der FH Aachen, die ihn heute feierlich mit einem „Roll-Out“ verabschiedet haben.
Es ist bereits der zweite Satellit der Fachhochschule: Der erste Compass – der Name ist überraschenderweise kein Akronym – startete bereits 2008 und hat 4 Jahre lang gearbeitet. Auf der Basis dieses Erfolgs ist nun aus dem damaligen einfachen Würfel ein dreifacher geworden: Der mittlere enthält all die unerlässlichen Subsysteme für Betrieb und Kommunikationen, die anderen beiden aber tragen echte Nutzlasten, jeweils elegant zusammen gefaltet. Zum einen ist dies ein „Drag Sail„, das sich auf Kommando blitzartig entfalten und dann 1,65 Quadratmeter aufspannen soll: Während der Satellit vorher unbeeindruckt in 620 km Höhe seine Bahn zog, steigt damit der Luftwiderstand rapide an, und binnen 80 bis 90 Tagen stürzt er ab und verglüht.Dieses dramatische Finale wird – einen pünktlichen Start in der 2. April-Hälfte vorausgesetzt – vermutlich in der vorlesungsfreien Zeit diesen Sommer eingeleitet: Schließlich besteht auch das Kontrollteam überwiegend aus „normalen“ Studierenden. Sie werden Compass-2 direkt vom FH-Gebäude in der Nähe des Aachener Bahnhofs aus kommandieren, auf dessen Dach sich auch die notwendige Antennentechnik befindet. Über den Zustand (und auch Ort) des Satelliten informieren aber auch über 80 automatische Empfänger eines globalen Netzwerks, und zusätzlich dürfen Amateurfunker empfangen und auch die Daten dekodieren.
Nach dem Aussetzen vom PSLV – wo der Compass-2 eine von über einem Dutzend großen und kleinen Nutzlasten ist – wird er zunächst erratisch taumeln, aber das soll im folgenden Monat mittels Magnetspulen gedämpft werden. Als nächstes wird dann die andere Nutzlast ausgefahren (ebenfalls sekundenschnell): Dünnschicht-Solarzellen, deren Leistungsabgabe unter Weltraumbedingungen getestet werden soll. Nach rund drei Monaten folgt dann das Brems-Segel: Es hat bereits einen Test unter Weltraumbedingungen absolviert, denn seine Erfinder, die „Space Sailors“ der RWTH Aachen, konnten es 2013 auf einer Höhenforschungsrakete fliegen. Während es den Satelliten in Richtung Erde spiralieren lässt, könnte es auch von Amateurastronomen zu verfolgen sein, wenn es das Sonnenlicht optimal zum Beobachter reflektiert.Da gerade kurz vor Schluss Bahn und Lage des Satelliten wie auch der Zustand des Segels ziemlich unklar sein dürften, könnten optische Beobachtungen durchaus nützlich für die Beurteilung seiner Wirkung sein: Das war auch 2011 beim NanoSail-D2 und 2015 beim LightSail der Fall gewesen, zwei vergleichbaren Experimenten aus den USA. Eine effiziente Kommunikation zwischen der Aachener Bodenkontrolle und Satelliten-Amateurfunkern und Amateurastronomen rund um den Globus, um den bemerkenswerten Satelliten optimal im Auge zu behalten, soll nach dem Start aufgebaut werden.
Daniel Fischer
LINKS:
Projekt-Webseite (eher historisch): http://compass-project.de
Facebook-Seite (aktueller): https://www.facebook.com/compass.two
Twitter-Feed (am schnellsten): https://twitter.com/COMPASS_2
PM der FH zum Roll-Out: https://www.fh-aachen.de/topnavi/presse/presseaktuelles/aktuelles-details/?tx_ttnews%5Btt_news%5D=7040&cHash=95c98474a79473821ca36b6c0fb75e48
Der Raketen-Test mit dem Segel: https://www.youtube.com/watch?v=QktwfBNA-yw
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