Komet ISON am 16. November um 5:09 MEZ (oben), 8″-Newton bei 580mm, FLI 16803, 3×3min (L), ca. 3,5° Gesichtsfeld [Waldemar Skorupa] und einen Tag später um 5:15 MEZ (unten). 8″-Astrograph bei 720mm, FLI PL 16070, 8min (L), 4min (je RGB). [Gerald Rhemann]

14 Monate nach seiner Entdeckung stehen dem Kometen ISON nun die entscheidenden Wochen bevor: Vom irdischen Himmel verabschiedet er sich kurz in den Glanz der Sonne, mit zuletzt schon 3,m8 am 21. November, und inzwischen wagt niemand mehr eine Prognose, wie hell der Komet werden wird, wenn er am Abend des 28. November in nur 1,2 Mio. km Abstand über die Sonnenoberfläche hinwegschießt. Zu überraschend und sprunghaft war immer wieder ISONs Helligkeitsentwicklung verlaufen, die erst ab dem 14. November richtig Fahrt aufnahm, als der Komet plötzlich von 7. auf 5. Größe stieg und wenige Tage für das bloße Auge sichtbar wurde, und jetzt in der Morgendämmerung versinkt. Vorausgegangen waren diesem – wie auch einem weiteren Helligkeitssprung Tage später – jeweils drastische Steigerungen seiner Gasfreisetzung am 13. und 19. November. Spekulationen, dass dies mit einem beginnenden Zerfall von ISONs kleinem Kern zusammen hinge, bestätigten sich indes nicht: Vielmehr scheint es sich um eine energische Reaktion des Kometen auf die dramatisch steigende Sonnenwärme zu handeln.

Wieder im Detail beobachtbar wird ISON in den letzten Novembertagen, wenn er ab dem 26. in die Gesichtsfelder der Koronographen der Sonnensatelliten SOHO und STEREO-A und -B tritt: Entsprechende Bilder sollen noch zeitnäher als sonst zur Erde übertragen werden. Sie werden auch entscheiden helfen, ob sich der – nicht ungefährliche! – Versuch überhaupt lohnt, den Kometen in Sonnennähe am Taghimmel aufzusuchen. Dazu böte sich v.a. der 29. November an, wenn ISON direkt nach dem Perihel scharf nach Norden abgebogen ist und in 3° Abstand genau nördlich der Sonne steht – die Mittags durch ein fernes Hausdach sicher abgedeckt werden könnte.

ISONs beste Woche? Die Stellung des Kometen am Morgen- (oben) und Abendhimmel (unten) an den ersten sieben Dezembertagen, jeweils mit der Sonne 12° bzw. 6° unter dem Horizont. Jetzt kommt alles auf die Helligkeit und Länge des Schweifs an. [F. Gasparini, interstellarum]

Zum letzten Mal gelangen solcherlei Beobachtungen Anfang 2007, aber selbst der –5m hell gewordene McNaught war damals nicht leicht zu finden (und dass ISON eine ähnliche Helligkeit erreicht, ist keineswegs sicher). Was dem Kern von ISON im Perihel widerfährt, entscheidet allein darüber, wie viel von dem Kometen danach in der ersten Dezemberwoche am Morgenhimmel zu sehen sein wird: Seine rasch wieder verblassende Koma wird für das bloße Auge zu sonnennah bleiben, aber ein langer Staubschweif würde in der beginnenden Dämmerung vom Osthimmel aufragen. Und ein richtig langer womöglich sogar auch nach Sonnenuntergang am Westhimmel stehen: Dann wäre ISON tatsächlich ein Großer Komet geworden, wenn auch nur für wenige Tage.

Daniel Fischer

Beste Informationsquelle:
isoncampaign.org
Realtime-Bilder von SOHO:
sohowww.nascom.nasa.gov/data/realtime-images.html
Aktuellste Bilder:
spaceweathergallery.com/index.php?title=comet
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