Gravitationswellen: die zweite sichere Detektion!

Zwei Zeitschritte aus einer Simulation der Verschmelzung von Schwarzen Löchern mit 14 und 8 Sonnenmassen und der dabei abgestrahlten Gravitationswellen - die am 26. Dezember 2015 tatsächlich von den LIGO-Detektoren beobachtet wurden. [S. Ossokine und A. Buonanno (Max-Planck-Institut für Gravitationsphysik) & Simulating eXtreme Spacetime Project]

Als im Februar das erste eindeutige Gravitationswellen-Signal aus den Tiefen des Alls vorgestellt wurde, das das Laser Interferometer Gravitational-Wave Observatory (LIGO) mit seinen zwei Anlagen in den USA am 14. September nachgewiesen hatte, war am Rande noch von einem vagen zweiten Kandidaten am 12. Oktober die Rede gewesen, der tief im Rauschen der Daten steckte. Während das starke September-Signal inzwischen ausgiebig analysiert und auf die Verschmelzung zweier Schwarzer Löcher mit 36 und 29 Sonnenmassen (jeweils ±4 Sonnenmassen) zurück geführt werden konnte, war mit dem möglichen zweiten Fall nicht viel anzufangen. Heute nun ist ein weiteres Gravitationswellen-Signal bekannt gegeben worden, das zwar auch schwächer als das vom September aber immerhin eindeutig ist: Am 26. Dezember 2015 um 4:38:54 MEZ lief demnach eine charakteristische Welle durch die beiden Detektoren, erst den in Livingston und 1,1 Millisekunden später den in Hanford. Das Signal steckt ebenfalls tief im Rauschen, ließ sich aber mit sogenannter Matched-Filter-Suche eindeutig isolieren: Bei dieser Methode werden die Daten mit vielen vorab berechneten Signalen verglichen, um die beste Übereinstimmung zu finden. Die simulierten Wellenmuster basieren dabei auf Formmodellen des MPI für Gravitationsphysik (Albert-Einstein-Institut, AEI): Sie erst ermöglichten dem LIGO-Team die Erkenntnis, dass das Signal wirklich von zwei verschmelzenden schwarzen Löchern stammt.

Nach der später noch verfeinerten Analyse bestand das System hinter dem GW151226 genannten Signal aus einem Schwarzen Loch mit der 14-fachen Masse unserer Sonne und einem weiteren mit 8 Sonnenmassen: Sie verschmolzen in einer Entfernung von rund 1,4 Milliarden Lichtjahren miteinander. Den Daten lässt sich auch entnehmen, dass sich mindestens eines der beiden Schwarzen Löcher um die eigene Achse gedreht hatte. Die Verschmelzung strahlte dann das Äquivalent von einer Sonnenmasse in Gravitationswellen-Energie ab und hinterließ ein rotierendes Schwarzes Loch mit 21 Sonnenmassen. GW151226 unterscheidet sich deutlich vom September-Signal: Weil die Massen der Schwarzen Löcher kleiner waren, wurde das Signal von den Instrumenten nun über einen längeren Zeitraum, rund eine Sekunde lang, gemessen – und damit für etwa 27 Umrundungen der Schwarzen Löcher vor der Verschmelzung. In dieser Zeit nahm die Frequenz der Gravitationswellen von 35 auf 430 Hertz zu. Die Maximalamplitude der relativen Längenänderung des Raumes durch das Signal von 3 × 10^-22 ist etwa dreimal schwächer als die des Signals GW150914. Die Beobachtung erfolgte in der ersten systematischen Messperiode O1 des stark verbesserten LIGO-Systems: Die nächste beginnt diesen Herbst und soll etwa 6 Monate dauern. Bis dahin sollten es weitere Verbesserungen in der Detektorempfindlichkeit LIGO erlauben, ein 1,5- bis 2-fach so großes Volumen des Weltalls zu überwachen als bisher: Angesichts nun mindestens zweier klarer Nachweise sollten weitere Erfolge garantiert sein.

Daniel Fischer

LINKS:
PM der MPG zum Dezember-Signal: https://www.mpg.de/10598226/gravitationswellen-zweite
Detail-Paper zum September-Signal: http://journals.aps.org/prl/abstract/10.1103/PhysRevLett.116.241102
Homepage von LIGO: http://www.ligo.org

2 Kommentare zu Gravitationswellen: die zweite sichere Detektion!

  1. Wenn ich die Beschreibung der „Matched-Filter-Suche“ richtig verstehe, werden die physikalischen Parameter der beteiligten Objekte und Ereignisse des am besten passenden Modells a posteriori als tatsächliche Ursache des beobachteten Signals erklärt. So wird man letztendlich jedes Signal mit geeigneten Parametern „nachmodellieren“ können.
    Bei diesem Vorgehen kann man alternative Modelle, die auf ganz anderen Effekten beruhen, aber nicht ausschließen…

    • Ich habe diese Frage kürzlich an den Pressesprecher des an LIGO beteiligten Albert-Einstein-Instituts in Hannover weiter gegeben: Der Einwand ist im Prinzip schon richtig, aber wenn das Schwingungsmuster so gut passt wie im Falle des September- und auch des Dezember-Signals, dann ist das schon ein triftiger Grund, sie für das Ergebnis der Verschmelzung zweier dicker Schwarzer Löcher zu halten. Und im Folgeschluss auch das noch schwächere Oktober-Signal, das allein betrachtet nicht signifikant wäre. Seriöse Alternativ-Erklärungen für die zwei bzw. drei Signale (mehr Kandidaten gibt es aus dem ersten Advanced-LIGO-Run nicht) sind bislang auch nicht vorgeschlagen worden, obwohl es schon eine sehr umfangreiche Sekundärliteratur v.a. zu dem September-Kracher gibt.

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