Erstaunliche Rillen in Scheibe um Jungstern

Die Staubscheibe um den jungen sonnenähnlichen Stern TW Hydrae mit dem Radioteleskope ALMA bei 870 µm Wellenlänge aufgenommen: Was die ausgeprägten Ringstrukturen verursacht, ist noch nicht klar. Links eine Ausschnittsvergrößerung des Innenbereichs: Die Leerzone direkt um den Stern hat vermutlich ein frisch entstandener Planet geschaffen. [S. Andrews (Harvard-Smithsonian CfA), ALMA (ESO/NAOJ/NRAO)]

Das Radiointerferometer ALMA in Chile erreicht bei maximalen Abstand der vielen Antennen bis 14 km mit 0,02 Bogensekunden eine Bildschärfe, wie man sie sonst nur aus der optischen High-End-Astronomie kennt: Mit dieser Technik war in der Testphase prompt eine bemerkenswerte Feinstruktur in der Scheibe um HL Tauri entdeckt worden. Jetzt gibt es ein vergleichbares Bild des Staubes um den etwa 10 Mio. Jahre alten und rund 180 Lichtjahre entfernten Stern TW Hydrae, und wieder ist die Scheibe alles andere als homogen. Doch während das Rillenmuster der HL-Tau-Scheibe frisch entstandenen Planeten zugeschrieben werden konnte, gibt es bei TW Hya gleich mindestens drei verschiedene Erklärungsmöglichkeiten, zwischen denen noch keine Entscheidung möglich ist. Die kreisrunden ausgedünnten Zonen sind 1 bis 6 au (Astronomische Einheiten = 150 Mio. km) breit und 22, 37 und 43 au vom Stern entfernt und haben nur einen mäßigen Kontrast von 5 bis 20%: Ein Mechanismus hat den Staub um den Stern, der durch Reibung am Gas in der Scheibe eigentlich Richtung Stern spiralieren müsste, unter Kontrolle gebracht und ihn irgendwie arrangiert.

Eine Hypothese setzt auf Magnetfelder, die über Instabilitäten und Strömungseffekte in der Scheibe zu Druckmaxima in unterschiedlichem Sternabstand führen: Das würde nach groben Abschätzungen zu dem beobachteten Muster passen. Die chemische Hypothese wiederum lässt in unterschiedlichem Sternabstand diverse flüchtige Verbindungen in den nach innen driftenden Staubteilchen gasförmig werden (sublimieren), wodurch die Teilchen in kleinere Bestandteile zerbröseln, die stärker an das Gas gebunden sind: Es kommt zu einer Serie von ‚Verkehrsstaus‘, die sich als die hellen Ringe manifestieren würden. Die dritte Hypothese schließlich ist dynamischer Art und postuliert – wie bei HL Tau – Planeten in der Scheibe, deren Schwerkraft Lücken schafft. Zumindest für eine ausgeprägte Lücke nur 1 au vom Stern entfernt und hart auf der Auflösungsgrenze ALMAs und den hellen Ring 2,4 au vom Stern (Ausschnittsbild) ist ein Planet wohl die beste Erklärung. Was auch immer der Mechanismus hinter der Rillenstruktur der TW-Hya-Scheibe ist: So etwas scheint mehr Regel als Ausnahme und ein wichtiger Mosaikstein bei der frühen Planetenbildung vom Sternen zu sein.

Daniel Fischer

LINKS:
Originalarbeit: http://arxiv.org/abs/1603.09352
PM des MPIA: http://www.mpia.de/news/wissenschaft/2016-07-innere-scheibe
Press Release des CfA: https://www.cfa.harvard.edu/news/2016-09

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