Ein Komet löst sich auf

Die Kette der Bruchstücke von Komet P/2010 V1 (Ikeya-Murakami) am 11. Februar, aufgenommen mit einem 40-cm-Teleskop - mit möglicherweise schon wieder zwei neuen Fragmenten. [Francois Kugel]

Das spannendste Kometen-Schauspiel findet derzeit im Sternbild Luchs (und ab dem 19. Februar Krebs) statt: Der periodische Komet P/2010 V1 (Ikeya-Murakami) ist in mehrere Fragmente zerbrochen, die weiter zerfallen und zu immer neuen Überraschungen führen. Zwar haben die hellsten Bruchstücke nur 17. Größe und die schwächsten 21., aber bereits mit 30-cm-Teleskopen lässt sich die rasante Entwicklung gut verfolgen, und das noch Monate lang optimal platziert am Himmel. Das ganze Bild liefern freilich nur Teleskope der 1- bis 2-Meter-Klasse: Noch unveröffentlichten Bildern des Weltraumteleskops Hubble zufolge sollen es bereits Ende Januar an die 20 Fragmente gewesen sein, in die sich der 2010 von Amateurastronomen entdeckte Komet zerlegt hat. Der Anblick hatte damals stark an den Kometen 17P/Holmes bei seinem gewaltigen Ausbruch 2007 erinnert, so dass bald eine Explosion – vielleicht durch die plötzliche Kristallisation von amorphem Wassereis – als Ursache des Helligkeitssprungs vermutet wurde, der den Kometen überhaupt sichtbar werden ließ. Dass sich dann später vom Hauptteil des Kerns (heute als „C“ katalogisiert) ein größeres Fragment („A“) abgespalten hatte, wurde aber nach der Wiederentdeckung des Kometen Ende vergangenen Jahres als P/2015 Y2 offenbar.

Zunächst waren nur die beiden Fragmente C und A zu sehen, letzteres sogar aktiver und heller als der Hauptkern. Im Januar tauchte dann neben C eine diffuse Wolke („B“) auf, die eindeutig auf weiteren Zerfall – „kaskadierende Fragmentation“ im Fachjargon – hinwies: Anfangs waren noch einzelne kleine Brocken in der Wolke zu erkennen, die aber bald verschwanden. Inzwischen wurde auch C deutlich heller, vielleicht ein Indiz für die nächsten Abspaltungen. Aber dann leuchteten im Lauf des Februar immer neue Bruchstücke jenseits von A – und damit weiter vom Hauptkern C entfernt – auf, deren Herkunft nun selbst gestandene Kometen-Theoretiker verwirrte. Sicher scheint nach den Bahndaten bisher nur, dass die Spaltung von A und C Ende 2012 und keinesfalls schon während des Helligkeitsausbruchs 2010 erfolgt ist. Die weiter von C entfernten Fragmente – inzwischen wird von bis zu 9 insgesamt berichtet – haben sich entweder ebenfalls von C oder aber erst später von A gelöst: Um das zu entscheiden, sind die relativen Bewegungen noch nicht gut genug erfasst. Die Trümmerwolke B jedenfalls hat sich zwischen Mitte und Ende 2015 von Hauptkern C getrennt. Derzeit hat C um 17.0 und A um 17.8 mag., die anderen Fragmente sind deutlich schwächer.

Daniel Fischer

LINKS:

Bilder-Sammlung: http://aerith.net/comet/catalog/0331P/2016-pictures.html

Analyse des Zerfalls: http://www.cbat.eps.harvard.edu/iau/cbet/004200/CBET004250.txt und http://www.cbat.eps.harvard.edu/iau/cbet/004200/CBET004254.txt

Paper zum 2010-er Ausbruch: http://arxiv.org/abs/1404.1630

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