Dreimal Weltraum und zurück – mit derselben Rakete

Die dritte Landung der Rakete "New Shepard" der US-Firma Blue Origin, die es jeweils (knapp) bis über die 100-km-Marke geschafft hatte, wo definitionsgemäß der Weltraum beginnt. [Blue Origin]

Es ist nur eine exotische Nische in der Raumfahrt und hat mit deren Hauptaufgabe – dem Start von Satelliten in den Erdorbit oder darüber hinaus – wenig gemein, aber was die verschwiegene Firma Blue Origin des Amazon-Gründers Jeff Bezos in den letzten Monaten geschafft hat, ist schon eine Art Meilenstein. Ihre Rakete New Shepard bewältigt nur suborbitale Weltraumflüge, d.h. sie befördert eine Nutzlast (in diesem Fall eine für Menschen geeignete Raumkapsel) zwar über jene 100-Kilometer-Marke, bei der nach verbreiteter Definition der Weltraum beginnt, doch fällt diese dann wieder zur Erde zurück: Um sie in eine Umlaufbahn zu befördern, wäre erheblich mehr Energie erforderlich. Anwendungen für Suborbitalflüge gibt es nur wenige: zum einen für wissenschaftliche Experimente, die nur ein paar Minuten Schwerelosigkeit oder Aufenthalt über der Erdatmosphäre benötigen – und für die Minimalversion von Weltraumtourismus. Vor allem den letzteren Sektor peilt Blue Origin – in Konkurrenz mit zwei Mitbewerbern – an, mit den ersten kommerziellen Flügen vielleicht schon 2018. Die sechs zahlenden Passagiere würden dann, allerdings in der nicht sehr geräumigen Kapsel, vier Minuten sowohl der Schwerelosigkeit wie des Blicks auf die gekrümmte Erde unter pechschwarzem Himmel erleben.

Dass der New Shepard sicher genug ist, muss Blue Origin noch unter Beweis stellen – aber die volle Wiederverwendbarkeit der Rakete, wesentlicher Punkt des Geschäftsplans, ist bereits demonstriert: Dieselbe Rakete ist im November 2015 und im Januar 2016 und nun am 2. April 2016 über der Wüste von West-Texas jeweils knapp über die 100-km-Marke gestiegen und hat dabei ihre Kapsel ausgesetzt. Und jedes Mal kehrten die Rakete auf eigenem Düsenstrahl und die Kapsel am Fallschirm wohlbehalten zur Erde zurück. Diesmal erreichte letztere 103 km Gipfelhöhe – und die Rakete zündete ihr Triebwerk für die Landung erst, als sie sich dem Boden schon wieder auf 1100 Meter genähert hatte und 6 Sekunden später abgestürzt wäre: Das simulierte bewusst den Ausfall der Triebwerke mit Rettung in letzter Sekunde und tat der weichen Landung keinen Abbruch. Auch neu: Diesmal waren zwei kleine Universitäts-Experimente an Bord, bei denen das Kollisionsverhalten von kleinen Steinen und Staub unter Schwerelosigkeit erforscht werden sollte. Dergleichen ist zwar auch auf simplen Höhenforschungsraketen möglich, aber Blue Origin & Co. haben so eine zusätzliche Einnahmequelle. Und den gestrigen Flug hat Blue Origin, bisher geheimnisvollster Akteur im Suborbitalgewerbe, öffentlicher als je zuvor zelebriert: Die Zuversicht steigt.

Daniel Fischer

LINKS:
Homepage der Firma: https://www.blueorigin.com
Der dritte Flug: http://spaceflightnow.com/2016/04/03/blue-origin-launches-same-new-shepard-spacecraft-for-third-time/
Der öffentliche Auftritt: http://www.geekwire.com/2016/jeff-bezos-live-tweets-flawless-test-flight-blue-origins-new-shepard-spaceship/

Hinterlasse jetzt einen Kommentar

Kommentar hinterlassen

E-Mail Adresse wird nicht veröffentlicht.


*