Dieser Vollmond war eigentlich keiner …

Der Vollmond, darunter der Mars in Opposition (mit Delta Scorpii alias Dschubba) und links der Saturn, aufgenommen vergangene Nacht - dass nicht alle in einer Ebene stehen, ist offenkundig. [Daniel Fischer]

Das Planetensystem: im Wesentlichen ein zweidimensionales Gebilde, sind doch die acht Planeten aus einer Scheibe um die Ursonne entstanden, und auch viereinhalb Milliarden Jahre später kreisen sie ungefähr in einer gemeinsamen Ebene um die Sonne, die Erde natürlich inklusive. Aber so einfach ist es eben nicht, und das aktuelle Zusammentreffen des Vollmonds (gestern Abend 23:14 MESZ) und der Oppositionsstellung des Mars (heute 13:11 MESZ) mit dem Planeten Saturn in der Nähe des Paares liefert eine schöne Demonstration der Dreidimensionalität des Sonnensystems. Wie das Bild oben von vergangener Nacht zeigt, stehen die drei Himmelskörper keineswegs in einer Linie, wie bei einem perfekt flachen Sonnensystem zu erwarten wäre: Dann befänden sie sich alle auf der scheinbaren Bahn der Sonne am Himmel der Ekliptik. In Wirklichkeit aber standen – vom Erdmittelpunkt aus gesehen – der Saturn 1,8° nördlich der Ekliptik, der Mars 1,1° südlich und der Mond stolze 4,8° nördlich. Denn die Bahnen von Saturn und Mars sind um 2,5° bzw. 1,9° gegen die Erdbahn geneigt und die des Mondes um sogar 5,1°, was sich wegen seiner Nähe auch noch besonders stark auswirkt.

Der Mond vergangene Nacht, zwei Stunden nach der Vollmond-Stellung - und doch unten (im Süden) nicht vollständig beleuchtet. [Daniel Fischer]
Der Mond vergangene Nacht, zwei Stunden nach der Vollmond-Stellung – und doch unten (im Süden) nicht vollständig beleuchtet. [Daniel Fischer]

Das hatte Folgen: Gemeinhin sagt man ja, dass bei Vollmond der Mond und die Sonne einander genau gegenüber stehen – und mithin von der Erde dazwischen gesehen der Mond zu 100% beleuchtet erscheinen müsste. Aber bei exakter Aufreihung der drei in einer Linie wäre totale Mondfinsternis: Schon dass solch ein Ereignis ziemlich selten ist, verrät eine Neigung der Mondbahn relativ zur Bahn der Erde um die Sonne. Die Mondphasen entstehen bekanntlich durch die schräge Beleuchtung des Mondes, wenn er und die Sonne von der Erde aus einen Winkel von weniger als 180° aufspannen: Normalerweise „fehlt“ im Westen oder Osten etwas, weil dort kein Sonnenlicht hin fällt. Die starke Nordabweichung des Mondes von der Ekliptik um fast 5° führte nun dazu, dass trotz Vollmondstellung im Süden der Mondscheibe eine Licht/Schatten-Grenze deutlich zu erkennen und mit einfachen Mitteln zu fotografieren war: Kraterränder wurden sichtbar, wo sonst nichts von der Topografie des Mondes zu sehen ist. Heute Nacht wird sich der nicht mehr volle Mond bereits mit dem Saturn treffen und ihm dabei näher kommen als zuvor dem Mars, da der Saturn derzeit ebenfalls etwas nördlich der Ekliptik steht.

Daniel Fischer

LINKS:
Online-Rechner für (u.a.) ekliptikale Koordinaten: http://xjubier.free.fr/en/site_pages/astronomy/ephemerides.html
Mehr Bilder von letzter Nacht: https://bonnstern.wordpress.com/2016/05/22/kosmisches-trio-vollmond-mars-in-opposition-saturn-antares/
Der Anblick heute Nacht: https://www.facebook.com/popastro/photos/a.439243740122.373454.413423530122/10156847418545123/?type=3

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